Am 13. Januar des noch jungen Jahres wurde der verdiente Historiker und Vorsitzende des Vereins Schloss Horneck gelegentlich des Neujahrsballs der Siebenbürger Sachsen in Baden-Württemberg zum neuen "Ritter wider den tierischen Ernst" gekürt. Dass dieses Ereignis in Esslingen und nicht wie bislang üblich in der Fasnet-Hochburg Rottweil stattfand ist ein Novum.
Zwei Städte und zwei bereits traditionelle Events haben sich hier zu einer geglückten innerschwäbischen Vernunftehe zusammengefunden, die wohl für beide Teile eine Win-win-Situation bedeutet: der landesweit beliebte Esslinger Neujahrsball (er fand bereits zum fünften Mal statt) erhält mit der Ritterkür einen weiteren Attraktionspunkt, und die berühmt-berüchtigte Rottweiler Ritterkür darf nun vor dem weit zahlreicheren Publikum eines Balls auf Landesebene in Esslingen zelebriert werden.
Die festliche Osterfeldhalle von Esslingen-Berkheim bot hierzu einen gediegenen Rahmen: ein großzügiges Raumangebot, eine riesige Tanzfläche und eine mächtige Bühne, auf der die quantitativ und qualitativ stark besetzte Siebenbürger Blasmusik Stuttgart e.V. als Ausrichter dieses Balles Platz genommen hatte. Nach dem Vorbild des Wiener Neujahrskonzertes begrüßten sie das zahlreich erschienene Publikum mit dem mitreißenden Radetzky-Marsch, verbunden mit den Neujahrgrüßen des Orchesters. Dann durfte Michael Konnerth als Vorsitzender der Landesgruppe und Schirmherr der Veranstaltung die vielen Ehrengäste und die teils von weither angereisten zahleichen Ball-Gäste begrüßen und den Ball eröffnen.
Walther Wagner, der Vereinsvorsitzende übernahm danach das Steuer des Geschehens und führte gekonnt moderierend durch ein vielfältig unterhaltsames Programm, getragen hauptsächlich von den Klängen der Stuttgarter Blaskapelle, eine Vereinigung, die bereits gut 60 Jahre auf dem Buckel hat, aber keineswegs altersmüde wirkt. 2002 erfolgte ein Profilwechsel der Kapelle zum "Tanz- und Unterhaltungsorchester" mit dem neuen Firmenlogo "Original Karpaten-Express", oder auch "Blasmusik mit Herz und Schwung", Titel die sie sich zu Recht anheften dürfen. Ihr Auftritt zeigte: Es ist kein Bummelzug, mit dem man sich da auf eine beschwingte nächtliche Reise durch bekannte europäische und anderweitige Musiklandschaften begab, angeführt von Reinhard Konyen, dem schwungvoll dirigierenden Kapellmeister als sicherer Lokführer und (An)heizer des flott dahingleitenden Musik-Expresses.
Mit einem breitgefächerten Musikmelange-Angebot von siebenbürgischen oder böhmisch-mährischen Marsch- und Polka-Klängen über österreichische Walzerseligkeit bis hin zu Flamenco und lateinamerikanischen Rhythmen eines Dixie, Cha-Cha oder Rumba und argentinischem Tango wussten die Musiker die Tänzer auf die Tanzfläche zu locken. Tanz zu Bläserklängen, das dürfte in manchem der meist graumelierten Tänzer nostalgische Heimaterinnerungen wachgerufen haben. Mehrfach hielt der Musik-Express in seiner Fahrt inne, teils zum Verschnaufen, teils um Raum für weitere Programmpunkte zu bieten.
Da waren zwei siebenbürgische Jugendtanzgruppen, die aus Heilbronn und jene aus Heidenheim, die sogar zu einem gemeinsamen krönenden Auftritt zusammenfanden. Beim Anblick der jungen Tanzpaare in ihren schmucken Trachten dürfte manches siebenbürgische Herz höher geschlagen haben. Einen weiteren Augenschmaus boten die kessen Tänzerinnen der Funken-Mariechen-Tanzgarde aus Unterhausen-Lichtenstein. Das Programmhighlight war sicherlich die aus Rottweil importierte Ritterkür, ein Event, das Siegfried Habicher 1985 als Kulturmix von Traditionen aus der alten (sächsischer Richttag) und neuen Heimat (Aachener Ritterschlag) eingeführt hat.
Im zwei-drei-Jahresturnus werden verdiente Persönlichkeiten des öffentlichen siebenbürgischen Lebens durch die Foederatio Saxonica Transsilvana zum "Ritter wider den tierischen Ernst" geschlagen.
Nun fiel die Wahl auf den Historiker Dr. Konrad Gündisch als 21. Vertreter der stolzen Ritterrunde mit Hang zum Humor. Die Kür verläuft nach einem festgeschriebenen Zeremoniell: Mit einem bunten Begleittross von Knappen und Burgfräulein, darunter Ritter Fredy, Edler von Sachsenheim (alias Alfred Mrass) wie auch der Sachsentroubadour, Ritter Heinz vom hohen Acker (alias Heinz Acker) als Vertreter der Ritterschaft betreten die Akteure die Bühne. Zunächst verliest die Großmeisterin Habichtraut von Hermannsottweil (alias Traute Habicher) den Adelsbrief, der den Auserwählten in den Adelsstand eines Ritters auf Zeit erhebt und ihm den Titel eines "Dr. humoris causa", samt blau-roter Ehren-Schärpe verleiht. Es folgt die Zeremonie des Ritterschlags, wobei Rittervater Habichfried von Hermannsottweil (alias Siegfried Habicher) den knieenden Anwärter mit einem Schwerthieb auf die Schulter zum Ritter schlägt. Fortan darf er nun den ehrenden Ritternamen "Sachsengraf Konrad von Schloss Horneck" tragen. Daraufhin hat der letztgekürte Ritter eine Laudatio auf den eben geschlagenen Ritter zu halten, wobei dessen Meriten gepriesen, ihm notfalls auch die Leviten gelesen werden. Was die edle Rittersfrau Daniela von der Löwengrube (alias Herta Daniel) als Laudatorin dem neuen Sachsengrafen ins Stammbuch zu schreiben hatte war höchstlöblich, eines Ritters wert. Die Belobigende und der Gelobte kennen sich seit Kindesbeinen an, als die Familien Voigt und Gündisch samt ihren Kindern in Hermannstadt miteinander verkehrten. So wusste sie in gereimter Form so manches Erheiternde und Erhellende aus dem Werdegang das Knappen Gündisch zu berichten.
Auch über die Bedeutung seines Namens orakelte sie:
"Kon" kommt von "Kuoni" und heißt "kühn"! / Und "rat" lässt Unterstützung blüh'n!
Der "kühne Ratgeber" kann man sagen / der "Mutige" kommt auch zum Tragen! ...
Es sind Eigenschaften, die der künftige Ritter brauchen wird, denn seine Karriereleiter ist steil: vom Gymnasiallehrer zum Akademiemitglied und Doktor der Geschichtswissenschaften, vom Forscher zum Buchschreiber, vom Kulturratsvorsitzenden mit stetig wachsenden Ehrenämtern zum Schlossherrn von Gundelsheim. Über die Bürde dieses verantwortlichen Amtes hat der "Geschlagene" einige Stunden vorher, beim Neujahrsempfang der Siebenbürger Sachsen auf Schloss Horneck berichten dürfen. Da war von all den angehäuften Schwierigkeiten um die Erhaltung des Schlosses die Rede, aber auch von sich abzeichnenden, vielversprechenden Fortschritten.
Nun steht der Schlossherr auf der Esslinger Bühne im Gewand eines Ordensritters – schließlich haben diese jahrhundertelang das Gundelsheimer Schloss beherrscht – und berichtet in seiner Replik auf die Lobrede ähnliches, nun allerdings in süffisant humoriger Weise. Gleich dem "von drauss vom Walde daher stapfenden Knecht Rupprecht", sieht er sich von oberster Stelle angerufen, eine gute Tat zu vollbringen, sprich, das Schloss zu retten. Da heißt es:
Von all' den Misslichkeiten, die das angekaufte Sachsen-Schloss bedrohen, ist da die Rede, von Holzwürmern und Fledermäusen, von schrecklichen Bürokratenmonstern, die es gilt niederzuschlagen, so dass Hochmeister Bernd [Fabritius] schließlich sprechen darf:
Dem Wunsch kann man sich nur anschließen, dass es dem Schlossherrn, ausgestattet mit neuem Rittermut gelingen wird, das Sachsenschloss zu neuer Blüte zu führen. Das wünscht auch